Wenn Berlinale ist in Berlin, dann ist es immer kalt. Dann liegt Schnee und es ist eisig, das gehört einfach dazu. Aber die Berlinale ist vorüber, und inzwischen winkt von Weitem der Frühling. Seit gestern erleben wir einen ersten Hauch davon, wenn auch einen ziemlich nassen. Zeit also, einen Blick zurück zu tun und nachzusehen, wie es denn so war auf der Berlinale 2012. Das heißt, nicht die Gewinner aufzulisten und etwaige Verlierer zu identifizieren. Das ist ein alter Hut, und das haben Zeitungen und diverse Lokalsender längst schon abgehakt.
Wie aber sieht es in den Blogs aus? Jawohl, in den Blogs, denn die gibt es immer noch. Die Blogger und Bloggerinnen, die ihre Eindrücke im Leben mit ein klein wenig mehr Aufwand publizieren als einfach nur flink einen Like-Button zu klicken.
Den Anfang will ich mit Juliette Guttmann machen, deren Blog aus Leipzig kommt und von der Leipziger Volkszeitung gehostet, gestützt oder gesonstwast wird. Egal, das tut dem Spaß nicht den geringsten Abbruch, im Gegenteil. Aus dem Hinterstübchen sprudelten etliche Berlinaleblogbeiträge, und einer der Schönsten dreht sich um einen großen Star und heißt Alle lieben Dieter.
In der Bundeshauptstadt schlafen Menschen jeden Alters bis auf Weiteres vor roten Ticket-Schaltern in Einkaufscentern – die 62. Internationalen Filmfestspiele Berlin sind eröffnet. Ein Blogbeitrag über eine Festival-Jury die nichts erwartet, trappelnde Pferde auf Kopfsteinpflaster, wogende Busen und die alles entscheidende Frage: Kommt er oder kommt er nicht!?
Und? Wer ist dieser Dieter? Na? Wer?
Mr. Antiteilchen schaute sich erst das Original an, Meryl Streep mit Glamour, Glanz und Lesebrille. Anschließend sah er natürlich auch noch den Film Die eiserne Lady, die ja tatsächlich damals so hieß. Inzwischen ist Margaret Thatcher aber eine Dame, soweit ich weiß. Zu sehen war sie aber schon lange nicht mehr, und jetzt weiß ich auch warum. Dank der Berlinale und Dank Antiteilchen:
Schauspielerisch ist dieser Film wirklich grandios. Meryl Streep hat sich einen dermaßen strengen britischen Ton angeeignet, der der Thatcher verdammt nah kommt, ebenso ihr Aussehen! Den puren Willen zur Macht, immer genau zu wissen was sie tut, niemals Kompromisse machen, das verkörpert Streep auf beeindruckend überzeugende Weise! Als alte, demenzkranke Thatcher, sieht sie der Echten unglaublich ähnlich. Gerade in den kleinen Momenten, den zaghaften Emotionen, der leisen Verzweiflung, spielt Streep extrem überzeugend. Was mich berührt, ist die Tatsache, das eine Frau, die so zielstrebig ihren Weg nach oben gegangen ist, an ihrem Lebensende geistig umnachtet ist. Ich habe Margaret Thatcher nie leiden können, zu konservativ, aber, in einer reinen Männergesellschaft zu bestehen, davor hatte ich immer Respekt!
Melancholie Modeste dagegen scheint sich gelangweilt zu haben, und das gleich zwei Mal. Oje. Zuerst erschien ihr ein deutsches Familiendrama allzu „handwarm“ und „ordnungsgemäß“, und dann langweilte sie sich ganze 60 Minuten lang mit Robert Pattinson, der ja ein großer Held sein soll. So genau weiß ich das nicht, dazu bin ich zu alt. Aber wenn ich Modeste Glauben schenke, dann kann das überhaupt gar nicht sein:
Absurd auch und nicht zuletzt ist Besetzung. Robert Pattinson soll derzeit ein Star vorwiegend der minderjährigen Mädchen sein. Ich kenne keinen anderen Film, in dem er eine tragende Rolle spielt. Für den Bel Ami aber fehlt ihm alles, was diese gar nicht so komplizierte, aber eben nicht alltägliche Person auszeichnet: Pattinson fehlt der infame Charme, das Ruchlose an Duroy. Keinen Moment glaubt man diesem etwas simpel wirkenden Mann die Skrupellosigkeit, sich über Glück und Gefühl der Frauen auf seinem Weg gedankenlos hinwegzusetzen, die Gleichgültigkeit gegenüber dem öffentlichen wie innerlichen Urteil und insbesondere – hier aber wird es wirklich prekär – die Kraft für eine schmutzige Karriere, das Tierhafte, die guten Zähne und den guten Schlaf.
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