Was mich wirklich wundert, ist der weit verbreitete Optimismus, die Zukunft des urbanen Personenverkehrs betreffend. Nicht nur, dass es Parteien gibt, die jahrzehnte alte Konzepte aus grauer Vorwendezeit – Verlängerung der A100 – hervorholen und als Zukunft der Planung und Gestaltung des Berliner Verkehrs verkaufen, sondern auch die bei noch von fast allen Parteien und vielen Bürgern vertretene Idee, Individualverkehr in der jetzigen Intensität und Form könnte bei Einsatz fortschrittlicher Antriebstechniken umweltverträglich gemacht werden.
Als wirklich technikbegeisterter Mensch, der sich lange ernsthaft überlegt hatte, Fahrzeugtechnik zu studieren, muß ich heute gestehen, dass die Art und Weise wie der Wunsch nach Mobilität in unserer Gesellschaft ausgelebt wird, für mich, eine Form von exzessiver, zwanghafter Unvernunft ist. Das ist was ich Autowahn nenne.
Vorsprung durch Technik?
Dieser seit den 1970ern äusserst erfolgreiche Werbespruch eines deutschen Autoherstellers stimmt so heute wahrscheinlich nicht mehr. Wäre dem noch so, sollte doch ein Subventionsprogramm zur Förderung der E-Mobilität möglich sein. Schließlich wurde zum Beispiel der Verkauf von Katalysatoren aus Gründen des Umweltschutzes mittels Steuerbefreiungen jahrzehntelang gefördert. Dies scheint für Elektromobile nicht machbar, hätten doch nicht die deutschen Hersteller, sondern andere die Verkaufsargumente in ihrer Hand. Aber vielleicht bräuchten die heimischen Hersteller genau diesen Druck durch den Markt und von Seiten der Politik, um wirklich umzudenken.
Rückschritt trotz Technik?
Allen Autoherstellern weltweit ist es noch nicht gelungen überzeugende Konzepte zu erarbeiten. Umweltverträglich sind diese Konzepte nur unter der Vorbedingung, dass elektrische Energie regenerativ erzeugt wird. Denn ob es Batteriefahrzeuge sind oder Wasserstoffbetriebene, für die der Wasserstoff erst technisch erzeugt werden muss: bei allen Konzepten muss die Energie erstmal bereitgestellt werden – oder der Energieträger muss wiederum mittels Energieeinsatz erzeugt werden.
Nur mal eine kleine technische Überlegung: Wenn ich es gewohnt bin, einen Kleinwagen mit 40kW (also mit 40kW Drehleistung an der Kurbelwelle/Schwungrad) zu fahren, bedeutet das, dass mehr als diese 40kW – 100% Wirkungsgrad gibt es nicht! – von den Energieträgern bereitgestellt werden muss, um die der Gewohnheit entsprechenden Fahrleistungen zu bringen. Und 40kW sind heutzutage eher wenig, selbst für einen Kleinwagen.
Was dies für den Stromverbrauch einer Stadt wie Berlin mit mehr als einer Million PKW bedeutet, wenn alle wie gewohnt fahren wollen, kann man sich leicht vorstellen.
Der Mix machts
Nur wenn es die Mehrheit schafft, gewohnte und bequeme Arten der Mobilität zu unterlassen und sich mit den Möglichkeiten vertraut macht, die ein Mix im Nutzungsverhalten aus Bahn, Bus, urbanen Kleinst-Elektomobilen, Car-Sharing und Fahrrad darstellen würde, gäbe es meiner Meinung nach wirklichen Fortschritt in Sachen Personenverkehr.
Die A100 ist für mich jedenfalls nicht zukunftsfähig. Das Vorhaben nimmt längst abgelegte Konzepte auf und bedeutet ein „weiter so wie bisher“.
Informationen zur A100 findet man auf der Seite der: Stop A100! – Bürgerinitiative Stadtring Süd BISS Berlin
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