Keine Angst? – Nachlese einer friedlichen Demonstration

Letzten Samstag, am 12. September 2009, nachmittags bis in den Abend hinein, wurde in Berlin für Freiheit und gegen Angst demonstriert. Friedlich nahm das Demoprozedere seinen Lauf, das Sammeln auf dem Potsdamer Platz, die Bühnenreden zu Eröffnung, was Warten in der Sonne. Ich weiß das, ich war dabei. Demonstrieren kann schön sein, entspannt, gelassen und freundlich, neben all der Anstregung und Anspannung.

Anschließend der Rundweg, vorbei am Holocaustmahnmal, unter den Linden hindurch, am Bebelplatz entlang und am Auswärtigen Amt, zurück zum Potsdamer Platz. Dieses im Grunde berlinfremde Wesen mit den übergroßen Neubauten und den riesigen Plakatfassaden, es gruselt mich immer wieder, wenn ich mal dort bin. Die Demonstration verlief wirklich so gut wie friedlich, die ganze Zeit. Ein paar Trillerpfiffe, hier und da. Das war alles. Eine kinderwagenfreundliche Demo, habe ich unterwegs jemanden sagen hören.

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Eine Woche später muss dieses Urteil revidiert werden. Es gibt einen umfassenden Blogbericht über die eigenartig anmutende Festnahme von Markus B., der extra aus Münster angereist war, dann aber nicht einmal bis zur Demo durchdringen konnte. Außerdem sind bislang zwei Videos von wenig souveränen Polizeimaßnahmen aufgetaucht, eines zeigt übelste Prügel, Schläge ins Gesicht eines eher schmächtigen Radfahrers, das andere immerhin „nur“ eine recht ruppige Festnahme. Ein klein wenig positiv stimmt da die Nachricht, dass es nun Ermittlungen gibt und sogar Verfahren eingeleitet wurden. Und zwar gegen die beteiligten Polizisten. Außerdem ist für 2010 endlich eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten im Dienst vorgesehen.

Trübsinn kommt bei mir allerdings sofort wieder auf, wenn ich die eine oder andere Diskussion über die Geschehnisse verfolge. (Exemplarisch sei an dieser Stelle auf die Kommentare unter den Montagsschlagzeigen im HSB verlinkt.) Da wird ernsthaft darüber diskutiert, ob der Radfahrer in dem ersten Video mit der Hand oder dem Ellbogen im Gesicht getroffen wird. Als ob das einen Unterschied machen würde. Außerdem werden heftige Spekulationen darüber angestellt, was eben dieser Radfahrer denn gemacht haben könnte, dass ihm so etwas angetan werden musste. Obwohl genau das auf dem Video weder zu sehen, noch zu hören ist. Es setzt einfach zu spät ein, und der Ton ist zu schlecht. Auch der nachgelieferte Videoschnipsel hilft da nicht viel. Aber anders kann es ja wohl nicht sein? Der muss doch einfach selbst Schuld haben. Oder?

Fakt ist, dass die genauen Zusammenhänge auf den Videos nicht vollständig zu erkennen sind. Schon gar nicht für Unbeteiligte. Die Vorgänge werden – hoffentlich! – irgendwann vor Gericht geklärt werden. Obwohl Polizisten in solchen Angelegenheiten ja eher selten zur Rechenschaft gezogen werden, wie man hört. Eigentlich so gut wie nie. Darüber hinaus tut man sich womöglich selbst als Zeuge schwer, zur Aufklärung beizutragen. An den Geschehnissen im zweiten Video zum Beispiel bin ich, wie ich im Nachhinein festgestellt habe, kurz nach der Festsetzung der Person beinah unmittelbar vorbeigelaufen. Und habe es eher als Geplänkel interpretiert. Das ist mir fast ein bißchen peinlich.

Nachtrag: Zur Abwechslung noch eine inhaltliche Zusammenfassung der Auftaktreden.

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5 Kommentare

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