Zu diesem Artikel gibt es ein Update, bzw. einen aktuelleren Testbesuch nach Umzug der Sauna in die Mainzerstraße.
Zwar bin ich ein Sauna-Fan und wohne nun schon gut sechs Jahre im wilden Friedrichshain, zur Sauna-Schmidtke in der Libauer Straße hatte ich es aber bisher nicht geschafft, obwohl ich da gar nicht weit laufen muss. Gestern dann überkam mich angesichts des herbstlichen Wetters spontan die Lust auf’s Schwitzbad, und ich beschloß, der Kiezsauna eine Chance zu geben.
Diesmal ließ ich mich vom äußerst sanierungsbedürftigen Eindruck des Vorderhauses in der Libauer Straße 9 nicht abschrecken und betrat den Hinterhof, von wo aus eine Treppe hinunter in den Keller führt, der – vermutlich schon vor langer, langer Zeit – zu einer Sauna ausgebaut wurde. Ein älterer Herr empfing mich freundlich und klärte mich auf, wo die Umkleide, die Dusche und die Sauna zu finden sei. Ich bezahlte 8,50 Euro (”Sie können bleiben, solange sie wollen”), bekam ein Armband mit Schlüssel und es konnte losgehen.
Nun, was soll ich sagen? Ich besuche seit Jahren Berliner Saunas, große und kleine, doch hier herrscht wirklich Purismus pur: Wer einfach nur schwitzen will, ist in der Libauer 9 richtig, doch an diesem Spätnachmittag merkte ich, dass mir das lange schon nicht mehr reicht. Ich brauche auch ein bisschen “Wohlgefühl für die Seele” – und das kommt in der Libauer 9 nicht wirklich auf. Aber schauen wir erstmal weiter: Die Kellerräume liegen schlauchartig hintereinander: von der Umkleide aus betritt man den Sanitärbereich, von da aus geht es in den Abkühlungsraum mit Duschen und Tauchbecken, dahinter liegt der Ruheraum. Schlussendlich ganz hinten die Sauna, ebenfalls “schlauchartig”, links die dreistufigen Saunabänke, rechts zwei Öfen, von denen einer in Betrieb war und die Sauna auf ca. 90 Grad erhitzte.
Null Atmosphäre und kein Ritual
Zwei Herren um die 70 waren schon am Schwitzen, als ich die Sauna betrat und mich auf die mittlere Bank platzierte. Es war still, keinerlei Entspannungsmusik untermalte das Schwitzen, die nachgedunkelte Holzverkleidung der Wände sprach von Jahrzehnten der Nutzung. Ich wartete auf den Aufguss (zweimal pro Stunde!), der dann auch pünktlich kam: eilig betrat der Saunameister den Raum, kippte ebenso eilig ein wenig Wasser auf den Ofen, und verschwand wieder. Nun war ich doch verblüfft: Keine Ansage zum verwendeten Duft, kein Wedeln
mit dem Handtuch, kein stilles Verharren, wenn der Dampf sich ausbreitet, nur ein einziger kurzer Aufguss statt des gewohnten
“Aufguss-Rituals” aus mehreren Güssen – Purismus pur!
Nach dem Abkühlen lag ich dann auf einer der vier eng nebeneinander stehenden Bäderliegen des höchstens 15 Quadratmeter großen Ruheraums. Ungemütliches Neonlicht von oben, ein paar Plastikblumentöpfe und 14 stapelbare Kunststoffstühle verbreiteten den Charme einer Bahnhofswartehalle. Kein Duft, keine Musik, kein “Hauch von Wellness” nirgends – und mein Nachbar auf der nächsten Liege war mir räumlich viel zu nah für die wortlose Fremdheit, die zwischen uns Saunagästen herrschte. Wie es hier wohl sein mochte, wenn mal mehr Leute ausruhen
wollten? Oder kam das eher nicht vor?
Ich werde es nie erfahren, denn nochmal gehe ich da nicht hin. Für 8,50 Euro kann ich z.B. in der Kaminsauna (Hübnerstraße) auf drei Etagen saunieren, inkl. Dampfbad, Biosauna, Freilufthof und einem schönem Aufgussritual in aller gebotenen meditativen Ruhe.
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